Gedichte und Texte anderer Autoren

 

 

Engel ohne Flügel

 

 

 

Sie haben keine Flügel

 

aber Ausdauer bis ganz zum Ende

 

sie haben keine Flügel

 

aber Hände

 

 

 

Sie haben keine Flügel

 

aber merken

 

ich ginge diesen Weg nicht gern alleine

 

sie haben keine Flügel

 

aber Beine

 

 

 

Sie haben keine Flügel

 

aber fragen nach dem eigentlichen Grund

 

sie haben keine Flügel

 

aber einen Mund

 

 

 

sie spüren

 

ich muss mal reden

 

sprachlos, wie ich bin, die Worte fast verloren

 

sie haben keine Flügel

 

aber Ohren

 

 

 

sie haben große Liebe zum Detail

 

und üben Sorgfalt bis in jede Kleinigkeit

 

sie haben keine Flügel

 

aber Zeit

 

 

 

sie lassen auch die mächtigen Gefühle zu

 

 

 

kennen Leidenschaft und Liebe

 

Ohnmacht, Wut

 

sie kenn’ mich gut

 

sie haben keine Flügel

 

aber Mut

 

 

 

sie sind nah und zugewandt und aufmerksam

 

gönnen Erfolg und teilen den Schmerz

 

sie haben keine Flügel

 

aber Herz

 

 

 

sie haben keine Flügel

 

und gehen manchmal unter

 

in der Fülle der Termine

 

in der Menge

 

im großen Chor der Stimmen

 

in der Hektik, im Gedrängel

 

sie haben keine Flügel,

 

 

 

aber sie sind Engel

 

 

 

Christina Brudereck

 

 

 

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Wo Worte fehlen,

 

das Unbeschreibliche zu beschreiben,

 

wo die Augen versagen,

 

das Unabwendbare zu sehen,

 

wo die Hände das Unbegreifliche nicht fassen können,

 

bleibt einzig die Gewissheit,

 

dass Du für immer in unseren Herzen weiterleben wirst.

 

 

 

Verfasser unbekannt

 

 

 

* * *

 

 

 

 

 

Stufen

 

 

 

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend

 

dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,

 

blüht jede Weisheit auch und jede Tugend

 

zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

 

 

 

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe

 

bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

 

um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

 

in andre, neue Bindungen zu geben.

 

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

 

der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

 

 

 

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,

 

an keinem wie an einer Heimat hängen,

 

Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,

 

er will uns Stuf um Stufe heben, weiten.

 

 

 

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise

 

und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,

 

nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,

 

Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

 

 

 

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde

 

uns neuen Räumen jung entgegensenden.

 

Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden …

 

Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde.

 

 

 

Hermann Hesse

 

 

 

* * *

 

 

 

 

Der Tod ist nichts

 

 

 

Ich bin nur in ein anderes Zimmer gegangen.

 

Ich bin ich, du bist du.

 

Was immer wir einander waren, wir sind es noch.

 

Ruf mich bei meinem gewohnten Namen.

 

Sprich mit mir wie immer,

 

auf die gleiche leichte Art und Weise.

 

Verändere nicht den Klang deiner Stimme.

 

Setze keine feierliche oder traurige Mine auf.

 

Lache, wie wir immer über die kleinen Witze gelacht haben,

 

an denen wir gemeinsam Spaß hatten.

 

Spiele, lache, denke an mich.

 

Belasse meinen Namen an seinem Platz, an dem er immer war.

 

Sprich ihn mühelos aus,

 

ohne die Spur eines Schattens auf ihm.

 

 

 

Das Leben bedeutet das, was es immer bedeutet hat.

 

Es ist dasselbe, was es immer war.

 

Der Faden ist nicht durchgeschnitten.

 

 

 

Warum sollte ich nicht mehr in deinen Gedanken sein,

 

weil du mich nicht mehr sehen kannst?

 

 

 

Ich warte auf dich in einiger Entfernung.

 

Irgendwo in der Nähe, nur hinter der Biegung.

 

Alles ist gut.

 

 

 

Henry Scott Holland

 

 

 

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Olaf Schrage
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